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Festival Tradition

Im Juli lebt Nida traditionell nach dem Rhythmus des Thomas-Mann-Festivals, das von dem Thomas-Mann-Kulturzentrum und vom Thomas-Mann-Museum veranstaltet wird. Bereits bei dem ersten Festival 1997 wurde eine besondere Eigenschaft dieser Veranstaltung deutlich: die Absicht, durch Musik, Wort und Bild die Seelenlandschaft des modernen Menschen widerzuspiegeln und dabei als Hauptdimension die vielfältige Persönlichkeit des Thomas Mann zu behalten.

Einige Gegebenheiten bestimmten, dass Nida zum Ort des Festivals wurde: der Schriftsteller und Nobelpreisträger Thomas Mann verbrachte drei Sommer (1930-1932) in seinem Sommerhaus in Nida, das Festival findet immer um den 16. Juli statt, den Tag, an dem der Schriftsteller sein Sommerhaus bezog. Darüber hinaus, wurde nach der Restaurierung des Sommerhauses mithilfe von Geldern der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der der Republik Litauen unter dessen Dach neben einem Schriftstellermuseum auch das Thomas-Mann-Kulturzentrum eingerichtet. Die Idee des Festivals wurde von dem internationalen Kuratorium dieses Zentrums geboren, das auch  Programme und Themen des Festivals bestimmt. Die Themen der 1. – 6. Festivals waren auf Thomas Mann und sein Werk bezogen, im Zentrum der 7. – 9. Festivals standen die EU-Erweiterung und die künstlerische Verantwortung, die 10. – 12. Festivals behandelten problematische Aspekte der Kulturlandschaft an der Ostsee, wobei war das Augenmerk auf die wichtigen Kulturzentren Vilnius, Riga, Tallinn gelenkt wurden und ebenfalls die Städte mit komplizierter Geschichte – Klaipėda, Kaliningrad, Gdansk – im Mittelpunkt standen. Das 13. Festival „Brunnen der Vergangenheit“ wurde dem tausendjährigen Jubiläum der Erwähnung des Namen Litauens gewidmet, und das 14. Festival – „Adel des Geistes?“ – unterstrich Rolle und Verantwortung der Intellektuellen in der heutigen Gesellschaft. Die Festivals 15 – 17 beziehen sich auf die Ideen und Problemen, der Werke von Czesław Miłosz. Darauf folgte der fünfjährige Festivalzyklus 18-22 unter dem Motto  „Erbe der Moderne. 100 Jahre nach dem Großen Krieg“.  Das 23. Festival hatte das Motto: „Europa der Heimaten“.

Der Themenzyklus der kommenden Festivale 2020-2022 lautet „Kulturlandschaften“ mit den Themen „Wetterzeichen – Küstenstreifen – Nachbarhäuser“

Konzert mit Frido Mann
Konzert mit Frido Mann

Bereits seit den ersten Festivals wurden verschiedene Formate etabliert, die Kammermusikabende, und das Wortprogramm , das Vorträge, Gespräche und Diskussionen umfasst, das Kunstprogramm und die Kinonächte am Leuchtturm von Nida, es werden hervorragende Interpreten nicht nur aus Litauen, sondern auch aus Europa- und darüber hinaus eingeladen.

Das Kaunas-Quartett

In einem Brief schrieb Thomas Mann, dass er immer leidenschaftlich Musik liebte. Daher spielen auch im Rahmen des Festivals die Kammermusikkonzerte eine Schlüsselrolle. Die Musikprogramme der ersten elf Festivals wurden von der Musikwissenschaftlerin Ona Narbutienė (1930-2007) zusammengestellt und moderiert; ihr Talent, das Konzept eines Konzerts attraktiv zu präsentieren erntete viele Komplimente, die Fans erkoren sie nicht umsonst zum „Star des Festivals“ auserkoren. Seit dem 12. Festival wird das Musikprogramm von den Musikwissenschaftlern Vytautė Markeliunienė und Edmundas Gedgaudas zusammengestellt.
             Durch das Musikprogramm des Festivals wurden einige Traditionen geprägt: Dazu gehören die Aufführung einer Auftragkomposition des Festivals, ein Konzert mit Musik litauischer Komponisten, Debüte, Recitals sowie Aufführungen bisher kaum wahrgenommener oder selten vorgespielter Musikwerke. Es ist bemerkenswert, dass das Thomas-Mann-Festival die Entstehung einiger neuen Interpreten-Ensembles befördert hat, wie „Kaskados“oder „FortVio“.

Das Thema des jeweiligen Festivals entfaltet sich am stärksten im Wortprogramm. Es tragen jeweils renommierte litauische und ausländische Kultur- und Politikpersönlichkeiten vor(darunter die Literaturwissenschaftlerin Prof. Viktorija Daujotytė, der Übersetzer Antanas Gailius, der Schriftsteller Gintaras Grajauskas, der Dichter Prof. Tomas Venclova, der litauische Präsident Valdas Adamkus, der Professor Vytautas Landsbergis, der Historiker Dietmar Albrecht, die Herausgeberin der Thomas Manns Tagebücher Inge Jens, der Ministerpräsident des Bundeslandes Schleswig-Holstein Björn Engholm, der Literaturkritiker Jürgen Manthey, der Literaturprofessor Hermann Kurtzke u. a.). Die Vorträge werden auf Litauisch und Deutsch in den vom Thomas-Mann-Kulturzentrum herausgegebenen „Niddener Heften“ veröffentlicht.

Eine wichtige Stellung im Kunstprogramm des Festivals ist der Präsentation des Erbes der Künstlerkolonie Nidden sowie dem Werk der Exillitauer und den Vertretern der modernen Kunst gewidmet. In den vergangenen fünfzehn Jahren sind Ausstellungen von Georg Hermann Gelbke, Richard Theodor Birnstengel, Pranas Domšaitis, Adomas Galdikas, Vytautas Ignas gezeigt worden. Vor drei Jahren wurden erstmals Werke von Künstlern der Niddener Kolonie aus der Privatsammlung von Alexander Popow ausgestellt. Die gegenwärtige Kunst wird von den jungen Kunstschaffenden  repräsentiert.

Großer Aufmerksamkeit erfreut sich das Filmprogramm. Die „Kinonächte“ ziehen zum Festival immer mehr junge Leute an. Vorgeführt werden bereits bekannte, in Deutschland und Litauen gedrehte Filme. Zu den ersten „Nächten“ wurden Verfilmungen Mannscher Werke vorgeführt sowie Dokumentarfilme über die Familie Mann.

Veranstaltung im Nidaer Geschichtsmuseum

Die thematische Verknüpfung des Festivals erlaubt es, das gewählte Objekt durch sehr verschiedene Ausdrucksmittel zu präsentieren. Das erlaubt dem Festival, interdisziplinär zu sein und unterschiedliche Aspekte zu vereinen. In Litauen gibt es nur einige derart konzeptuelle Kulturevents von langer Tradition, und auf der Nehrung ist das Festival eindeutig ein herausragendes Kulturereignis in der Umgebung der einmaligen Schönheit der Natur und im Kontext der besonderen Kulturtradition.

Lina Motuzienė
Thomas-Mann-Kulturzentrum  16. Juli 2012 – Der Text wurde aktualisiert

Direktorin der Niddener Museen, Frau Dr. Lina Motuzienė