25. Internationales Thomas-Mann-Festival 10.–17. Juli 2021
Über das Motto Küstenstreifen von Ruth Leiserowitz
Kulturlandschaften lautet der Titel des Festivalzyklus, in dem wir uns befinden. Unter diesem Begriff der Kulturlandschaften begreifen wir oft urbane Konglomerate, denn gerade in Städten konzentriert sich Kultur – jedenfalls denken wir häufig in dieser Richtung. Unser Blick ist in der Regel landzentriert. Wir schauen landeinwärts – häufig (vielleicht zu häufig?) in Richtung Hauptstadt und wenden uns dabei als Ostseeanrainer mit dem Rücken zum Meer. Dabei hat das Meer ebenfalls unsere Aufmerksamkeit verdient. Also lassen Sie uns unseren Blick wenden und seewärts schauen. „Die weiße Küste ist schön geschwungen“, schreibt Thomas Mann in seinem Vortrag, den er den Rotariern in München über das Sommerhaus hielt. Hier treffen die Elemente Land und Wasser aufeinander, wir befinden uns in einem Raum, der in stetem Wandel begriffen ist, der sich immer wieder neu definiert und nicht klar abgrenzbar ist.
Wir können aber Küste auch als Dialog der Natur betrachten, Zwiegespräche zwischen Wasser und Land. Manchmal erscheint es, dass eine der beiden Kräfte eine Vorherrschaft an sich reißt, stärker ist. Aber häufig kommt es uns nur auf den ersten Blick so vor, denn das ständige Beharren eines Elementes zahlt sich schließlich doch aus. Genauso wichtig wie das Zusammenspiel der natürlichen Kräfte ist das Gespräch zwischen den Menschen, der Austausch von Meinungen, das gemeinsame Erkennen vielfacher Wege und Motivationen. Aus diesem Grunde wurden auch Teile des Festivalprogramms geschaffen.
Küste birgt noch eine weitere Bedeutung. Wenn wir auf See sind und einen Landstreifen am Horizont erblicken, bedeutet das nicht nur Hoffnung, sondern auch Ermutigung. Wir werden unser Ziel bald erreichen, denn es zeichnet sich schon dahinten ab. Wir fühlen uns in dem Vorhaben unserer Reise bestärkt und ermuntert, schöpfen neue Kraft und sind in guter Stimmung. Das Festival soll eine derartige Ermutigung sein.